SPD Schwaigern / Massenbachhausen

Soziale Politik im Leintal

Mit Optimismus in die Zukunft - Stellungnahme der SPD-Gemeinderatsfraktion zum Haushaltsplan 2019

Veröffentlicht am 23.02.2019 in Fraktion

Haushaltsrede des SPD-Fraktionssprechers Rainer Dahlem  im Schwaigerner Gemeinderat am 22.02.2019

Sehr geehrte Frau Rotermund,

sehr geehrte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadt Schwaigern,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

ich möchte aus Anlass der Verabschiedung des Haushaltsplans der Stadt Schwaigern drei eher grundsätzliche Anmerkungen zur aktuellen Situation unserer Stadt machen. Ich bitte schon vorab um Nachsicht, dass unsere Anmerkungen etwas ausführlicher sind, sie dauern aber keinesfalls länger als eine gute Predigt in der Kirche.

Vorab zwei Vorbemerkungen:

Wir werden bezüglich der Haushaltsberatungen letzte Woche nicht nachkarten, aber eines sollen Sie wissen:

In unserer Antwort auf die Stellungnahme der Betroffenen zur Verschiebung der Sanierung der Sonnenbergschulen lauten die zentralen Sätze: „Wir halten es für skandalös und unverantwortlich, eine beschlossene, fest geplante und kalkulierte Sanierung, für die der Zuschussbescheid des Landes bereits vorliegt, zugunsten von vagen und unsicheren Ausgaben für Projekte und Massnahmen, die im Gemeinderat völlig unstrittig sind, deren Umfang und Realisierungsmöglichkeiten aber noch völlig unklar sind, zu verschieben. Dies ist für die betroffenen Familien überhaupt nicht nachvollziehbar.“

Wir werden bezüglich der Motive, welche die Fraktion der FWV/BuW veranlasst haben, diese Anträge zu stellen, keine Spekulationen äussern, weil wir davon überzeugt sind, dass die Bürgerinnen und Bürger von Schwaigern klug genug sind, ihre eigenen Bewertungen vorzunehmen.“

In diesem Zusammenhang auch ein Wort an die LGU-Fraktion: Die heute vorliegende Anfrage von Stadtrat Mayer zur Haushaltsverabschiedung ist – teilweise wortgleich – von der Meinungsäusserung eines ehemaligen Stadtrats abgeschrieben. Eine Anfrage an die Verwaltung der Stadt Schwaigern ist zwar keine Dissertation, aber Plagiat bleibt Plagiat. Über Fragen des Stils und Umgangs will ich nicht streiten, aber etwas peinlich ist das schon!

Wir halten es da lieber mit dem Wort des römischen Dichters Horaz: „Sapere aude“, aus dem Immanuel Kant dann den Wahlspruch der Aufklärung gemacht hat: „Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“

Für künftige Haushaltsberatungen geben wir zwei Anregungen:

  1. Alle Anträge, die Mehrausgaben oder eine Verringerung der Einnahmen zur Folge haben, müssen mit einem Deckungsvorschlag versehen sein, wie es § 20, Abs.2 unserer Geschäftsordnung vorschreibt. Geschäftsordnungen sind bekanntlich dazu da, eingehalten zu werden.
  2. Wir regen an zu prüfen, ob die Stadt Schwaigern nicht ebenfalls – wie einige andere Kommunen dies tun – auf Doppelhaushalte umstellen sollte. Dies würde sowohl die Arbeit des Gemeinderats als auch der Kämmerei deutlich entlasten.

Zweite Vorbemerkung:

Ich möchte die Gelegenheit der heutigen Haushaltsverabschiedung nutzen, um der Bürgermeisterin und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtverwaltung, insbesondere natürlich auch allen Beteiligten der Kämmerei für die Arbeit vor allem, aber nicht nur bei der Erstellung des Haushaltsplans zu danken. Nach unserer Wahrnehmung tragen sowohl die organisatorischen Veränderungen als auch die personellen Wechsel bis hin zu den zusätzlichen Stellen, die wir beschlossen haben, erste Früchte. Für die SPD-Fraktion betone ich ausdrücklich, dass wir zu den getroffenen Personalentscheidungen stehen. Personelle Veränderungen bieten auch Chancen – und diese sollten wir nutzen.

Und damit bin ich bei meiner ersten Anmerkung:

Der Haushaltsplan 2019 ist in seinem Vorbericht der klarste und verständlichste, den ich in meiner immerhin jetzt auch schon fast zehnjährigen Tätigkeit als Gemeinderat bearbeiten durfte – auch dafür noch einmal herzlichen Dank. Mir ist das sehr wichtig, denn wir haben ja angeregt, die Zahlen etwas zu erläutern, damit transparenter wird, wie die Finanzströme zwischen Bund, Ländern und Gemeinden funktionieren. Sie sind teilweise ja so kompliziert, dass ein normaler Mensch sie schon lange nicht mehr versteht.

Am Beispiel des Gute-Kita-Gesetzes will ich dies etwas erläutern: Die schwarz-rote Bundesregierung hat im Dezember beschlossen - am 1. Januar 2019 ist das Gesetz in Kraft getreten – den Kommunen bis 2022 insgesamt 5,5 Mrd. Euro zur Verbesserung der Qualität in den Kitas zur Verfügung zu stellen. Davon erhält das Land Baden-Württemberg 13,5% - also gut 700.000.000 Euro – und da Schwaigern mit 11.350 Einwohnern etwa ein Tausendstel der baden-württembergischen Bevölkerung ausmacht, müssten in Schwaigern bis 2022 gut 700.000 Euro ankommen – für uns ist das eine Menge Geld, mit dem wir richtig was anfangen können. Ich habe meine Kanäle genutzt und darüber sowohl die Bürgermeisterin als auch die KollegInnen der anderen Fraktionen informiert und darum gebeten, dass auch sie ihre Kanäle nutzen, damit das Geld hier in Schwaigern auf Heller und Cent ankommt.

Ich will aber nicht verschweigen, dass die mittlerweile ziemlich unübersichtliche Zahl der unterschiedlichsten Förderprogramme – die Bundesbildungsministerin haut jetzt auch nochmal 500 Millionen für die Verbesserung des Mathe- und Physikunterrichts an den Schulen raus – dazu führen, dass keiner mehr weiss, wo und wofür es Förderprogramme gibt und wir in den Kommunen unter Zugzwang kommen eine Brücke jetzt und nicht erst in vier Jahren zu sanieren, weil es jetzt gerade ein Brückensanierungsförderprogramm gibt. Auch der baden-württembergische Landwirtschaftsminister will da nicht zurückstehen und kündigt ein neues Programm – das wievielte ist es? – für den ländlichen Raum mit 75 Mio. Euro an.

Viel besser wäre es, Bund und Länder würden die Kommunen so mit Steuergeldern ausstatten, dass wir unsere Aufgaben gut und in eigener Verantwortung erfüllen können. In diesem Punkt stimme ich dem baden-württembergischen Ministerpräsidenten ausdrücklich zu. Ich hätte nichts dagegen, wenn er mit gutem Beispiel voranginge.

Ich will diese Problematik nicht weiter ausführen, sondern nenne nur noch das Stichwort „Digitalpakt“, bei dem es im Prinzip um das gleiche Thema und um viel Geld geht.

Mein Appell: Wir müssen jetzt gemeinsam und geschlossen dafür sorgen, dass dieses Geld auch bei uns ankommt.

Zur Haushaltsproblematik allgemein nur noch eine Bemerkung, die ich mir nicht verkneifen kann:

Der HH 2019 ist der zweite nach dem NKHR – nach unserer Überzeugung ist der Haushalt zwar doppelt so umfangreich – 570 statt wie früher 280 Seiten – aber nicht doppelt so klar und transparent.

Ich bleibe dabei: Das NKHR, dessen wesentlicher Bestandteil ist, dass die Kommunen die Abschreibungen auf ihre Anlagegüter erwirtschaften müssen, ist eine grosse Luftblase, um den Eindruck zu erwecken, Gemeinden könnten unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten arbeiten. Schulen, Kitas, Bibliotheken und Schwimmbäder sind öffentliche Einrichtungen der Daseinsfürsorge, die nicht wirtschaftlich und kostendeckend, geschweige denn gewinnorientiert betrieben werden können. Deshalb ist und bleibt es eine Illusion, dass die Kommunen ihre Abschreibungen erwirtschaften können.

Wir halten es hier mit dem gesunden Menschenverstand: Die Stadt hat Einnahmen aus Steuern, Umlagen und Gebühren. Auf der anderen Seite gibt es feststehende Ausgaben für Personal, Unterhalt und den laufenden Betrieb.

In der Regel bleibt dann etwas übrig, das für Projekte zur Sicherung und Gestaltung der Zukunft verwendet werden kann. Und wenn wir dann einmal mehr investieren müssen als wir zur Verfügung haben, dann ist es - wie in der Privatwirtschaft und im Privatleben auch – weder ehrenrührig noch strafbar, wenn wir Kredite brauchen, solange die Verschuldung nicht ausufert. An diesen Grundsätzen des gesunden Menschenverstandes werden wir unsere Finanzpolitik auch in Zukunft orientieren.

Zweite Anmerkung:

Wir wissen sehr wohl, dass die öffentlichen Haushalte von Bund, Ländern und Kommunen nicht losgelöst von der allgemeinen Wirtschaftsentwicklung betrachtet werden können. Und natürlich befinden wir uns derzeit in einer konjunkturellen Phase mit einigen Unsicherheiten – ich nenne die Stichworte internationale Verwerfungen, Brexit, drohende Handelskriege etc. Verschweigen will ich aber auch nicht, dass es hausgemachte Probleme gibt – ein Beispiel soll genügen: Wenn in den Vorstandsetagen der deutschen Premium-Automobilindustrie über Jahre vorsätzlich und gezielt betrogen und manipuliert wird, braucht man sich nicht zu wundern, wenn es Probleme gibt. Trotzdem sitzen die Konzerne nach wie vor auf dem hohen Ross.

Am 7. Februar meldet die HSt: „Gewinneinbruch bei Daimler zum Abschied“ – gemeint ist der Abschied des Vorstandsvorsitzenden Dieter Zetsche. Im Kleingedruckten liest man dann, dass der Gewinn 2018 um 29% eingebrochen und von 10,4 Mrd. auf 7,5 Mrd. gesunken ist. Wirkliches Mitleid will da nicht aufkommen.

Fünf Tage später lese ich die Schlagzeile: „Trotz einiger Kratzer strahlt der Stern heller als zuvor.“

Und am 15.02.2019: „Wirtschaft stagniert - Die deutsche Wirtschaft ist Ende 2018 an einer leichten Rezession vorbeigeschrammt.“

Als öffentlicher Auftraggeber im Hoch- und Tiefbau wissen wir, dass die Baukunjunktur derzeit völlig überhitzt ist und im ersten Semester eines Volkswirtschaftsstudiums lernt man, dass auch Kunjunkturüberhitzungen nicht gut sind und eine Abkühlung nottut.

Ich versuche das, was man so liest, einzuordnen: Es gibt wirtschaftliche Unsicherheiten und Risiken – die gibt es im Übrigen immer – aber es gibt für 2019 und 2020 keinerlei gesicherte Anzeichen und seriöse Prognosen für eine Rezession oder gar Krise. Das Wirtschaftswachstum wird sich verlangsamen, aber das ist angesichts eines über fast 10 Jahre andauernden Booms völlig normal.

Es gibt unseres Erachtens deshalb keinen Grund für düstere Zukunftsszenarien, wie sie gerne von interessierter Seite an die Wand gemalt werden.

Damit bin ich bei meiner dritten Anmerkung:

Wo steht die Stadt Schwaigern heute und wie sind unsere Zukunftsperspektiven?

Wie ist die finanzielle Lage der Stadt?

Als Vergleich habe ich bewusst das Jahr 2008 genommen, also nicht den „Krisenhaushalt“ des Jahres 2010.

Die Einnahmen haben sich seither wie folgt entwickelt:

Grundsteuer von 1,4 auf 1,77 Mio.,

Gewerbesteuer von 4 auf 8,5 Mio.,

der Umsatzsteueranteil von 303 auf 977 Tausend,

der Anteil an der Einkommensteuer von 4,5 auf 6,8 Mio.,

die Schlüsselzuweisungen von 2,2 auf 4,6 Mio.,

die Zahlungen aufgrund des Familienlastenausgleichs von 329 auf 502 Tausend,

die Kommunalen Investitions- und sonstigen Zuweisungen von 437 Tausend auf 3,4 Mio.,

und last but not least: Vergnügungs- und Hundesteuer von 49 auf 59 Tausend.

Wenn man dazuhin bedenkt, dass ab 2020 die Gewerbesteuerumlage neu berechnet wird, was unter dem Strich für Schwaigern zusätzlich rund 700.000 – 800.000 Euro Mehreinnahmen bedeuten wird und die Segnungen des Gute-Kita-Gesetzes, des Digitalpakts und weiterer Förderprogramme über uns hereinbrechen, dann sind die Perspektiven nicht ganz so trostlos, wie das einige gerne behaupten.

Und wie steht es um die Schulden?

2008 wies der kamerale Kernhaushalt knapp 4,5 Mio. Euro Schulden auf – in der mittelfristigen Finanzplanung standen damals für das Jahr 2013 12,7 Mio. Schulden. Und siehe da – Schwaigern ist heute weder bankrott noch untergegangen. Ende 2018 betrug der Schuldenstand ca. 1,3 Mio. Euro, für 2022 stehen 13,5 Mio. in der mittelfristigen Finanzplanung. Dazu sage ich ohne Wenn und Aber: Alles im grünen Bereich! 

Ich fasse zusammen: Schwaigern ist keine superreiche, aber auch keine bettelarme Stadt. Wir stehen ganz ordentlich da und haben keinerlei Veranlassung in Depression und Schwarzmalerei zu verfallen. Mehr noch: So gut ging es der Stadt Schwaigern schon lange nicht mehr.

Die SPD-Fraktion bekennt sich daher zum Stadtentwicklungsprozess „Schwaigern 2030“. Wir stellen fest, dass es an vielen Stellen Bewegung gibt und dass es in den nächsten Jahren deutlich mehr Gestaltungsmöglichkeiten gibt als in den letzten Jahren. Natürlich stehen auch für uns gute und vor allem bezahlbare Bildung und Betreuung, die Schaffung bezahlbaren Wohnraums, die Bewältigung des demografischen Wandels, eine massvolle Entwicklung beim Verbrauch zusätzlicher Flächen und der zweigleisige Ausbau der Stadtbahn ganz oben auf der Agenda.

Wir appellieren an den Gemeinderat, seinen Gestaltungsspielraum zu nutzen.

Wir hoffen, dass der neue Gemeinderat mit etwas mehr Selbstbewusstsein, Gestaltungskraft, Optimismus und Mut weiter daran arbeitet, um den Investitionsstau Schritt für Schritt abzubauen und die Zukunft Schwaigerns positiv zu gestalten.

Eine Standard-Feststellung von mir lautet, dass sich Schwaigern oft unter Wert verkauft und dass wir viel zu oft das betonen, was nicht so gut und viel zu wenig auf das abheben, was gut gelungen ist.

Ein positives Beispiel: Vor sechs Wochen ist der Merianlive-Stadtführer von Heilbronn erschienen. In dem Kapitel „Ausflüge in die Umgebung“ werden drei lohnenswerte Ziele empfohlen – nicht Lauffen, Brackenheim, Güglingen, Weinsberg oder gar Leingarten, sondern 1. Bad Wimpfen, 2. Bad Rappenau und 3. Schwaigern. Auf zwei Seiten wird – unter der Überschrift „Geschichte auf engstem Raum“ ein Stadtrundgang empfohlen. Ich finde das toll und bin auch ein bisschen stolz darauf. Nur schade, dass ich nicht sagen kann: Seht her, man muss nur ein paar Euro ins Marketing stecken – und schon flutscht es.

Und deshalb schliesse ich meine vielleicht letzten Anmerkungen zu einem städtischen Haushalt mit einem Martin Luther zugeschriebenen Zitat aus den berühmten Tischreden: „Aus einem verzagten Arsch kommt kein fröhlicher Furz!“

Übertragen auf die Schwaigerner Kommunalpolitik heisst das: Selbstbewusstsein, Mut – auch Mut zum Risiko, Gestaltungskraft, Optimismus verbunden mit dem notwendigen Verantwortungsbewusstsein für die Zukunft unserer Stadt – das wünsche ich uns für das Haushaltsjahr 2019 und darüber hinaus. Und wenn es uns ausserdem gelingt, unsere Arbeit und unsere Beschlüsse positiver und geschlossener zu fassen und nach aussen zu vertreten, dann bekommt man fast richtig Lust, für diesen Gemeinderat auch wieder zu kandidieren.

Die SPD-Fraktion wird dem Haushalt – trotz gewisser Bedenken bezüglich der in der letzten Sitzung gefassten Haushaltsbeschlüsse – zustimmen.

 

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